Wir sind reif - 13. Mai 2010

Während all der Abenteuer der letzen Monate, konnte ich mir oftmals nicht vorstellen, wie es sich anfühlen würde, nach hause zu fliegen. Oftmals verdrückte ich eine Träne der Trauer, wenn ich mich mit dem Gedanken befasste. Wieder Kisten auspacken, frieren, Alltag, Schule, Job... all die Dinge, die wir hinter uns gelassen hatten. Wie frei waren wir doch für ein Jahr, konnten uns vom Wind tragen lassen, immer der Nase nach, neue Dinge entdecken, tagtäglich zusammen und einander der beste Freund sein. Und irgendwann kam er doch, der innere Wunsch nach einem trauten Heim, nach unserem schönen Haus, nach unseren Eltern, nach unseren Freunden, nach der Ruhe, nach dem Kochen, nach Ordnung, nach Gewohnheit. Nicht mehr jeden Tag ein Schlafplatz suchen zu müssen, in keinem Restaurant eine Bestellung aufzugeben, ohne die leiseste Ahnung zu haben, was man bestellt hat. Ich glaube, ich kann heute mit gutem Gewissen sagen: Wir haben den Reisekäfer besiegt. Für wie lange, das weiss ich nicht, doch jetzt freuen wir uns alle irrsinnig auf daheim, den Flughafen, das Abholen, die Spannung, das Wiedersehen, das Vertraute.


Wir haben alle vier enorm viel erlebt, gesehen uns noch viel mehr gelernt. Wir mussten während 297 Tagen und Nächten zusammenleben, nie hat es einem ausgehängt, nie ist einer für länger als fünf Minuten von den anderen getrennt gewesen. Ich glaube, wir haben eine Bande zusammen geknöpft, die halten wird, für immer. Oftmals mussten wir Rücksicht nehme, weil es einem nicht gut ging, oftmals hatten wir Angst und versuchten einander zu trösten. Oftmals lachten wir zusammen Tränen. Wir sangen zusammen, aber das Allerschönste während all den vielen Tagen, wir verstummten nie. Wir verarbeiteten zusammen das Erlebte und beschlossen die Richtung fürs Neue.


Wie viele Menschen durften wir kennen lernen, die uns verzauberten, aber auch vereinzelt solche, die wir nie wieder sehen möchten. Toleranz war schon immer gross in unserem Haus geschrieben worden, doch dies tagtäglich zu leben, in fremden Kulturen, war oftmals eine Herausforderung. Keine Vorurteile zu haben, sich vollumfänglich anzupassen und sich treiben zu lassen, mussten wir alle lernen. Wir wurden von Menschen willkommen geheissen, die wir nie zuvor kannten, durften wunderschöne Momente und unvergessliche Geschichten austauschen. Kurz und gut, es war und ist das tollste Jahr für uns alle vier. Ich bin sehr, sehr traurig, dass es morgen vorbei sein wird, ich bin sehr, sehr glücklich, dass wir dieses Jahr erleben durften und ich freu mich sehr, sehr fest, mein normales Leben wieder begrüssen zu dürfen.


Ich erinnere mich heute an den Satz, den ein Freund aus Finnland uns auf die Reise mitgegeben hat: Remember that this world will still be the same here when you return, even if you have changed... und im diesem Sinne freue ich mich sehr auf alles Altbekannte daheim in der schönen, ach so vertrauten Schweiz.


PS: Ich möchte mich bei all den treuen Lesern bedanken, vor allem auch all jenen, die uns schriftlich begleitet haben. All die positiven Zusprüche betreffend des Schreibens eines Buches habe ich beherzigt und ich hoffe, dass ich die Muse finden werde, zusammen mit Reto, all das Erlebte niederzuschreiben und zu veröffentlichen, gibt es auch noch die eine oder andere Geschichte, die ich nicht im Blog veröffentlicht habe....


PPS: Am 11. Juni 2010 küsse ich die Halde Galerie aus ihrem einjährigen Dornröschenschlaf wach. Weitere Infos unter www.haldegalerie.ch