Über Ticks, Ängste und Phobien - 18. Oktober 2009

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Das Wetter sieht heute perfekt für eine Wanderung aus. Wir streichen daher unsere obligaten Eiersandwiches, packen jedem eine Nektarine ein und ganz viel Wasser... und ab geht es an die Überquerung der Berge. Diese Wanderung sollte zwischen 3-4 Stunden dauern. Wir können direkt von unserem Hotel aus starten, den Rückweg werden wir per Postauto machen.


Die Temperatur wird immer stickiger und schwüler, wie wir die Küste verlassen und uns den Bergen nähern. Es geht bergauf, aber der Weg hat die Breite einer Strasse und ab und zu kommt uns ein Quad oder ähnliches Mobil entgegen. Die Bäume schliessen die Krone zu einem Dach über uns und wir bewegen uns entlang einem Bergbach, vorbei an einer Bananenplantage, Zitronenbäumen und ganz viel Urwald. Die Vögel und Grillen übertönen unterdessen sämtliche andere Geräusche. Der Urwald ist fantastisch, wir geniessen all die Grüntöne und beaugapfeln die Blätter, welche grösser als unser Torso sind.


Nach einem 30minütigen Marsch finden wir uns vor einem lauschigen Wasserfall wider. Einheimische Buben baden darin und ein paar Touristen schiessen Fotos des idyllischen Bildes. Wir machen einen ersten kurzen Rast, essen das erste Brötchen und trinken etwas Wasser. Wir wollen schliesslich noch weiter, der Berg ruft.


Der weitere Weg führt direkt ins Dickicht. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich da entlang geht und frage daher die Mutter der badenden Buben, die auf einem Stein sitzt. Sie bestätigt mir, dass dies der richtige Einstieg in die Wanderung sei. Ein Weg ist dies nicht mehr, der Trampelpfad ist höchstens noch 30 cm breit und da es heute Morgen stark geregnet hat in den Bergen, sind die Steine umgeben von Schlamm. Es kommen uns ein paar Wandervögel entgegen, sie halten kurz für einen Schwatz, erzählen, dass die Wanderung nicht ganz ohne sei... die Moskitos umschwärmen unterdessen in Scharen unsere Körper. Sicherheitshalber haben wir uns je mit zwei verschiedenen Antimückensprays eingesprayt ... aber keiner der beiden scheint zu funktionieren! Es beginnt überall an zu beissen und jucken.


Der Weg ist nur noch fussbreit und schlammig, dafür extrem steil. Wir ziehen uns den Lianen entlang in die Höhe und bezwingen Steigungen, versuchen unsere Schuhe auf die Wurzeln zu stellen, anstelle des Schlammes. Plötzlich erblicke ich, dass neben mir der Abhang 10 Meter ins Nichts hinabfällt. Reto sieht meinen Schrecken und meint: „Wenn du fällst, hältst du dich einfach an einem Baum fest!“ Mich überkommt urplötzlich eine Panik, meine Hände beginnen zu zittern, meine Knie ebenfalls. Ich klammere mich an einen Ast und versuche meinen linken Fuss vor den rechten zu stellen. Von den beiden Buben fehlt bereits jede Spur, sie sind wie junge Rehe im Urwald verschwunden. Ich versuche mich zusammen zu reissen, die Vernunft sagt mir, dass diese Wanderung schon gut kommen wird, meine Knie sprechen jedoch eine andere Sprache. Ich hab Höhenanst. Reto meint: „Ich bin ja gleich hinter dir!“ Das nützt mir nichts, denn der Abhang ist zu meiner Rechten. Die Angst treibt mir Tränen in die Augen und Reto meint: „Lass uns umkehren, wenn du nicht mehr kannst.“ Ich halte nochmals Inne, versuche mich zu konzentrieren. „Das schaff ich“, rede ich mir ein. Das Schlottern in den Knien hört nicht auf, die Panik im Kopf ebenfalls nicht, ich resigniere.


Wir rufen Andrin und Roman aus dem Urwald mit einem lauten Pfiff zurück. Der Abstieg ist der reine Horror, denn es geht unterdessen nur noch abwärts und meine beiden Knie zittern wie Espenlaub. Ich entscheide mich, auf dem Hosenboden und den Knien den Weg runter zu rutschen, halte mich an den Lianen fest und schaff es dann sicher nach unten (siehe Foto oben... Augenmerk auf meine Hose).


Die Moskitos haben unterdessen all unsere Körperteile zum Glühen gebissen. Wir kommen alle heil wieder beim Einstieg an. Andrin und Roman entledigen sich ihrer Kleider und springen in den See am Fusse des Wasserfalles, ich setzte mich erstmals auf die Bank beim Wasser und lass die Moskitos ihre Malzeit weiter geniessen.


Reto meint beim Lauf zurück zum Hotel: „Ich bin wohl nicht für aufs Wasser gebaut und du nicht für die Berge!“