Affentheater - 4. März 2010

shapeimage_2 26png

„Das kann nicht gut gehen!“, denke ich, wie ich die Tüte voller Bananen in der Hand der fünfundzwanzigjährigen Engländerin sehen. „Die sind für die Affen bestimmt, wir essen sie eh nicht.“, antwortet sie auf meinen röntgenden Blick. Na, sie muss es ja wissen. Ich befehle Andrin und Roman vorsichtshalber Abstand von ihr zu wahren, sobald sie von Board des Schiffes geht. Das Schiff legt in der Bucht der ‚Monkey Island’ an und wir müssen eine Hühnerleiter runter klettern, die einfach so am Bug des Schiffes angelehnt ist. Nicht mein Ding! Ich mag es nicht, wenn sich der Boden unter mir schneller bewegt, als ich mich. Irgendwie schaff ich die Tortur doch.


Die Frau mit der Tüte ist schon durchs Wasser gewatet und erreicht den Robinson Crusoe Strand, und wie sie nicht mehr vom Wasser umspült wird, fallen die Affen über Sie respektive über die blaue Tüte her. Sie lässt los und flieht schreiend zurück ins Wasser. Unterdessen hat eine junge hübsche Asiatin den Strand erreicht. Sie trägt ein schickes beiges Minikleid, schönen Goldschmuck, geschmackvolle Sandaletten mit zum Kleid passendem Picknickkörbli in der rechten Hand, darin befinden sich ein paar Packungen Kartoffelchips, Milch und Wasserflaschen. So wie sie auf den Sandstrand auftritt, fallen die Affen auch über sie her. Sie ist so im Schock über dieses Naherlebnis der kreischenden Säuger, dass sie sich am Körbchen festklammert. Einer der Affen lässt dies kalt und beisst kräftig in ihre Hand. Ein Aufschrei durchbohrt nicht nur den Dschungel, sondern auch mein Trommelfell und das Körbli verreist in die Baumkrone. Weinend fällt die Frau ihrem Mann in die Arme. Sie drückt sich die Beisswunde mit dem Daumen zu. Ich schrei zu Reto rüber: „Gib mir das Merfen und das Ersthilfekit!“ Ich desinfiziere ihre Wunde und bringe ein Pflaster an. Sie steht unter Schock, da kommt die Affenbande schon wieder zurück um von der ehemals blauer-Tüten-Frau mehr Bananen zu erhaschen. Dass diese keine mehr hat, interessiert die Affen herzlich wenig.


Die Tiere gehen auf die Frauen los, es kreischt nur noch so am Strand und Handtaschen werden zu Waffen. Die beschützenden Männer haben unterdessen herausgefunden, dass sie mit Sand nach den Affen werfend die Tiere in Schacht halten können. Homo Sapiens siegt schlussendlich.


Man stelle sich einen einsamen Strand vor: Männer mit mindestens einem einmeterlangen Bambusstock bewaffnet, Frauen ihre Wunden verarztend und die Zeit bis zur Abfahrt absitzend. Von Idylle, Romantik oder Mystik des einsamen Sandstrandes, mit ein paar putzigen Äffchen, ist nichts zu spüren. Zurück aufs Boot wollen sie uns auch nicht lassen, so sitzen wir alle in einem Eck des Strandes, wachende Augen verfolgen jeden Schritt der Affen und diese wiederum hocken auf den Mangroven rund um uns herum und verfolgen jeden Schritt, den wir machen, in der Hoffnung, noch etwas Essbares zu erspähen!


evelyne@messageinabottle.ch