Bei den Beduinen - 29. April 2010

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„Warum können wir nicht EINMAL etwas Stinknormales buchen?“ Ich ärgerte mich so richtig, wie wir im Wüstencamp angekommen waren. Kein Mensch weit und breit, kaum Wasser, kein Toilettenpapier, Strohhütten, die alles andere als dicht waren und kläglichen Schutz vor dem einsetzenden Wüstenwind boten. Unten auf der Piste hörte ich, wie die anderen 4x4 an uns vorbei rauschten, um in den luxuriösen Touristencamps ihre Kunden abzuliefern. Bestimmt sassen die bereits an einer lauschigen Bar, unter einen schützenden Baldachin und genossen einen feinen kühlen Drink bei angenehmer Hintergrundmusik. Roman meinte: „Hey, seit mal still!“ So tönt Nichts ... ich war mir nicht bewusst, ob er die Frage aus Spass oder in reinem Sarkasmus gemeint hatte, ich wollte es aber gar nicht wissen.


Gestern suchten wir ein Reisebüro, welches uns eine zweitägige Wüstensafari anbieten könnte. Da momentan keine Hauptsaison ist und man Individualreisende im Oman noch nicht wirklich kennt, hatten wir keines gefunden. Die Omanis waren aber äusserst freundlich und hilfsbereit und so bot uns jeder, der uns anquatschte (und das waren einige), irgend eine Tour an. Telefonieren konnten wir nicht und Internet gab es keines, so beschlossen wir spontan, uns einem der Lokalen anzuschliessen und gingen mit diesem zu ihm nach Hause. Er erklärte uns, welche Optionen wir hätten: Günstige Tour für nur Fr. 300 oder Luxustour um die Fr. 1‘000 (habe ich schon gesagt, dass Oman extrem teuer ist?). Wir wollten unbedingt in die Wüste, aber mehr als das Basisangebot lag für uns nicht drin. Der Guide meinte, wir sollen dann am nächsten Tag um 12 Uhr bei ihm vorfahren.


Gesagt getan, als erstes erklärte er uns, dass es viel zu heiss wäre und wir zuerst mal 2-3 Stunden bei ihm Kaffee trinken sollten. Selbst unsere Buben haben sich diese Muselmann-Angewohnheit angeeignet, denn ohne Kaffee und Datteln läuft in Arabien nichts.


Irgendwann, nachdem wir schon fast vergessen hatten, was wir ursprünglich wollten, meinte er: „Nun ist die Temperatur vertretbar.“ Voller Erwartung setzten wir uns in den Viermalvier und stoben los. Dünen hoch, Dünen runter, das Dunebashing machte allen Spass. Nach der aufregenden Fahrt lud er uns im Camp ab. Und da standen wir nun, einsam und verlassen in der Weite der Wüste.


Wir suchten uns zwei Stühle und setzten uns zu den Buben, die sich im Sand verweilten. Irgendwie würden wir die Zeit schon hinter uns bringen, wir könnten ja Sandkörner zählen... Wie wir gerade so in unserer Langeweile versunken waren und dumme Sprüche klopften und unseren Spareifer verfluchten, fuhren zwei Geländefahrzeuge vor. Zwei Frauen stiegen mit zwei Handvoll Kindern aus und kamen zu uns um uns zu begrüssen. Beide Damen in streng Islamischen Kluften gekleidet, verhüllt mit Gesichtsmasken und Tüchern. Wir sollen mit ihnen Kaffee trinken kommen. Gut, so gingen wir ins grosse Zelt und hockten uns auf den Boden.


Sie erzählten uns von ihrem Leben, wie sie früher in der Wüste lebten, heute aber mit den Kindern in der Stadt ein Haus bewohnen. Hierher würden lediglich noch ihre Männer wegen der Kamele kommen. Die Kinder erzählten von der Schule und von ihren Hobbys. Als Reto die Kameras wegräumte (ursprünglich wegen des Sandsturms), wurde die Atmosphäre sehr schnell sehr warm, die Gesichtsmasken wurden abgelegt, die Kopftücher lagen nur noch locker auf den Köpfen. Die Kinder spielten draussen Ball und als die Nacht hereinbrach wurde ein vorzügliches Essen aufgetischt.


Andrin holte die Gitarre raus und sang ein paar Lieder, die Kinder klatschten und tanzten und es herrschte eine wundervolle Stimmung. Der Wind säusselte um die Blätterwände, die Tageshitze war der Nacht gewichen und wir schwatzten, redeten und lachten. Fütterten zusammen die Kamele, gingen den Sonnenuntergang geniessen. Mir wurde gezeigt, wie Beduinenfrauen sich gegenseitig begrüssen (Nasenspitz auf Nasenspitz), wie sie sich schminkten (mit Safran), ich wurde verschleiert und bekam mehrere Komplimente für meine schöne Fusshaut (!?).


Um elf Uhr nachts legten wir uns in unsere Beduinenhütten, und endeten einen der eindrucksvollsten Abende unserer Reise!