Besuch in der Vergangenheit - 30. September 2009

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Wir lebten vor acht Jahren für sieben Jahre in Alberta, Kanada. So ist es selbstverständlich, dass wir hier ein bisschen Zeit verbringen während unserer Reise und unsere alten Freunde besuchen möchten. Auch sollen die beiden Buben sehen, wo sie das Licht der Welt erblickten und wo sie in den Kindergarten gingen. Wie wir in die Schweiz zogen, waren Andrin 5 und Roman 4 Jahre alt.

An wie viel sich die Kinder wirklich noch erinnern, das wollen wir herausfinden. Oftmals sind es Geschichten oder Bilder von Fotos oder Filmen, die sie noch in ihren Köpfen haben.

Wir parkieren unser Auto hinter meiner Galerie in Calgary und Andrin sagt überraschend: „Hier hatten wir doch einmal einen Nagel im Pneu eingefangen!“ Ich konnte mich daran nicht mehr aktiv erinnern, doch wie er dies sagte, kam auch in mir das Bild des flachen Pneus in den Kopf. Andrin erinnert sich also noch!

Heute besuchen wir das Dinosaurier Museum in Drumheller, eines der besten weltweit. Wir sind von all den ausgestellten Skeletten und Dinosaurier einmal mehr fasziniert. Die Grösse der ganzen Ausstellung scheint mir aber plötzlich viel kleiner, als dazumal. Wohl sind es die Schritte meiner Söhne, die umso grösser geworden sind und wir daher das Museum so viel schneller ablaufen.

Natürlich müssen wir auch das West Edmonton Mall besuchen (grösstes Shopping Center Nordamerikas, fünftgrösstes weltweit). Darin haben wir oftmals unsere kalten kanadischen Wintertage verbracht. Im Kinoeingang an der Decke ist ein gut 10 Meter grosser Drache befestigt, der alle 20 Minuten Feuer speit. Beide Buben erinnern sich noch gut an die Angst, die sie jeweils hatten, wenn wir die Rolltreppe hinauf fuhren und sie das unheimliche Tier an der Decke entdeckten. Andrin versucht, die Gefühle als Kleinkind wieder zu erleben und klammert sich an meine Hand, jedoch mit einem lachenden Gesicht dieses Mal.

Wir nehmen den Lift und wie sich die Türe öffnet, erblickt Roman den Drachen und meint enttäuscht: „Das ist alles? Von dem hatte ich jeweils eine solche Angst?“ Er hat sich das Tier viel grösser ausgemalt. Wir gehen auf einen Zwischenboden, weil wir wissen, dass wir dort die Hitze des Feuers spüren werden. Es geht los, die Musik erklingt, die Augen leuchten in blutigem Rot, aus den Nasenlöchern quillt Rauch, der Kopf des Urgetiers bewegt sich, der Rachen öffnet sich. Die Musik erzeugt eine Spannung, neben uns beginnt ein Mädchen zu weinen und die Mutter drückt sie ganz fest an sich. Der Drache speit zweimal Feuer und neigt dann seinen Kopf freundlich zur Seite. Das Spektakel ist vorbei. Roman sagt: „Das war aber langweilig!“ Zum Glück hat Reto alles gefilmt, so können wir ihm zeigen, dass sein Mund offen blieb und seine Augen riesig waren während des Spektakels. Wohl wissend unterdessen, dass es keine fliegenden Drachen gibt, hat ihn trotz allem das ganze fasziniert ... und wohl auch ein bisschen Gänsehaut verpasst (auch wenn er das heute nicht mehr zugeben will).