Driftwood - 1. September 2009

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Das Schwemmholz (Driftwood) ist nicht nur namensgebend für unsere Bleibe ,Driftwood Inn‘, sondern auch Inspirationsquelle für ganz viel Kreativität! So war heutige Hausaufgabe, eine Schwemmholz-Geschichte zu schreiben.

Hier Retos DRIFTWOOD Geschichte:

Wir sitzen am Strand von Avocate Harbor inmitten von Schwemmholz. Wir, dass sind Evelyne, meine Frau, ich Reto sowie Andrin und Roman unsere beiden Söhne. Wir sitzen im Halbkreis um ein Feuer, welches wir aus zusammengesuchtem Schwemmholz entzündeten. Das Feuer ist gross und das ist auch gut so, denn es nachtet langsam und dann kommen „Sie“. „Sie“ dass sind die „Driftwood Ghosts“. Jeder weiss es hier, und keiner bleibt am Strand, sobald die Sonne untergegangen ist. Die Driftwood Geister sind die Seelen der Seefahrer, welche schlechte Menschen waren und in der Bay of Fundy ihr Leben gelassen haben.

Wenn man das Schwemmholz genau anschaut, so entdeckt man, dass nicht alles rohe Baumstämme sind, Bäume, welche vielleicht bei einem Sturm ins Wasser gefallen sind. Nein, man entdeckt immer wieder Planken, welche offensichtlich bearbeitet wurden, Sägespuren, Schaubenlöcher und manchmal sogar einen rostigen Nagel. Dieses Schwemmholz stammt von Schiffen, welche es nicht mehr in den rettenden Hafen geschafft haben, von Schiffen, deren Besatzungen mit Mann und Maus in der Fundy Bay ertrunken sind.

Das berühmteste dieser Schiffe war die Cape d’Or. Ein wunderschöner Dreimaster, der um 1870 in der Werft von Cully Finnigan und seinem Team im malerischen Avocate Harbor gebaut wurde. Die Cape D’Or war ein prächtiges Schiff und der ganze Stolz von Cully Finnigan. Eigentlich wollte er den Schoner für sich selber behalten, so sagte er, aber eines Tages änderte sich dies. Der Hummerfischer John Blackwood, ein alter Haudegen und Tunichtgut begann damit zu prahlen, in den Besitz der Cape D’Or gekommen zu sein. Er zeigte allen den von Cully Finnigan unterzeichneten Verkaufsvertrag. Man kannte Cullys Unterschrift. Es bestand kein Zweifel, dass John Blackwood der neue Besitzer war. Zweifel hatten die Bewohner von Avocate Harbor jedoch an der Art und Weise, wie John Blackwood in den Besitz des Vertrages gekommen war. Man hätte gerne Cully Finnigan persönlich gefragt, doch dies war nicht mehr möglich, denn von ihm fehlte seit jenem Tag jede Spur. Zwei Wochen später entdeckten Blaubeerensammlerinnen seine Leiche in der Mündung der Apple Rivers, etwa 30 Meilen von Avocate Harbor entfernt.

In der Zwischenzeit übernahm John Blackwood, dank der Cape D’Or, den gesamten Hummerhandel in Avocate Harbor. Dies machte ihn zum mächtigsten Mann von Avocate Harbor und zum einzigen Arbeitgeber. Er war ein unbeliebter Mensch: unfreundlich, handgreiflich und ungerecht, aber den Leuten von Avocate Harbor blieb nichts anders übrig, als mit John Blackwood zu kooperieren.

Dies ging zwei Jahre so, bis eines Nachts im August 1873 die Cape d’Or von einer Ihrer Handelsfahrten nach Saint John, Newbrunswick noch nicht wieder zurückgekehrt war. An jenem Abend zog ein starker Sturm von Süden her auf. Stürme waren hier nicht ungewöhnlich. Jedes Jahr wurde die Fundy Bay von Ausläufern von Wirbelstürmen heimgesucht, welche der nordamerikanischen Küste entlang wanderten. Das Ungewöhnliche war die Jahreszeit, es war ungewöhnlich früh für einen solchen Sturm. Besonders war in jene Nacht auch der Mond. Es war Vollmond und das bedeutete, dass die im Allgemeinen schon mächtige Flut in der Fundy Bay noch höher hereinkommen würde als sonst, wohl so gegen 16 Meter wurden erwartet.

Was jene Nacht auf der Cape D’Or passierte, kann man nur erraten. Es wird geglaubt, dass das Schiff im Sturm weder die vielen Leuchttürme noch die Sterne sehen konnte und wohl die Orientierung verlor. Auf dem Weg zu Avocate Harbor führt die Route nahe und der Glooscap Insel vorbei. Eine Insel, die wie ein rechteckiger Block aus dem Wasser ragt, und deren Küste wegen ihrer schroffen Felsen unter Seefahrern berüchtigt war und immer noch ist. Die Cape d’Or steuerte wohl zu nahe und der Glooscap Insel vorbei und zerschellte an ihrem tödlichen Kliff.

Am nächsten Morgen fanden die Bewohner von Avocate Harbor, einige Leichen von Bootsleuten der Cope D’Or an der Küste. Auch lagen dort einige Holzplanken, welche wohl zur Cape D’Or gehörten. Die nächsten Jahre sollte es regelmässig weiteres Holz und Taustücke an die Küste schwemmen. Manchmal brachten spielende Kinder diese nach hause um sie wieder zu verwenden. Manchmal liess man sie auch einfach liegen. Es gibt Leute die sagen, dass einige der Schwemmholzstücke, welche man heute am Strand findet, noch von der Cape D’Or stammen.

John Blackwoods Leiche wurde nie gefunden. Und so ist man in Avocate Harbor davon überzeugt, dass er seine ewige Ruhe nicht gefunden hat und immer wenn es Nacht wird an der Küste, als der gemeinste aller Driftwood Geister sein Unwesen treibt. Wer ihm begegnet, der muss immer noch Schlimmes fürchten.

In der Zwischenzeit ist die Sonne ganz am Horizont verschwunden, unser Feuer ist zu einem kleinen Haufen Glut zusammengefallen und plötzlich hören wir ein seltsames Knistern im Schwemmholz hinter uns. Es wird Zeit, dass wir den Stand verlassen und ins Bett gehen.

Romans Driftwood Geschichte:

Freitag. 17. Juli 8:49 a.m. 2002

Heute schreibe ich vom Freitag, dem 17. Juli um 8:49 a.m.

8. 45 a.m.

Randy, John, Schon und ich spielten am Morgen früh Verstecken.

Das Wasser war so hoch wie noch nie, es war Flut, massive Flut.

Als wir merkten, dass es gefährlich sein könnte, riefen wir uns zusammen und gingen Heim an das Fenster.

8:46 a.m.

Wir schauten auf die Uhr. Sie zeigte klar und deutlich 8 Uhr 46. Das Wasser kam höher und höher. Wir sahen noch 50 feststehende Bäume vor dem Wasser in unserer Sicht.

8:47 a.m.

Das Wasser war nur noch etwa 5 Meter vor den Bäume entfernt. Obwohl die Bäume stark waren, sah man, dass das Wasser so stark wie eine Bohrmaschine war. Wir bekamen es mit der Angst zu tun. Unsere schönen Bäume, hinter denen wir Verstecken spielten.

8:48 a.m.

Schreck, war zu sehen in Johns Gesicht.

Nun war das Wasser noch 1-2 m vor den Bäumen weg. So knapp wie noch nie.

8:49 a.m.

1m nö 2m nö 0,5m nö 10cm nö 0cm Ja.

Es knackte jede Sekunde fünf Bäume um und dann war nur noch Wasser zu sehen, nicht ein Baum stand noch aufrecht.

20.10. 2007

Fünf Jahren nach dem Unglück wurden die Bäume wieder zurück geschwemmt vom Meer, danach nannte man es DRIFTWOOD.

Du magst noch lesen? Hier die DRIFTWOOD Geschichte von Evelyne:

Advocate Harbor liegt irgendwo zwischen Niemandsland und Vergessenenstadt an der Fundy Bay im kanadischen Neu Schottland (Nova Scotia). Die Gegend ist karg und rau, die Grüntöne sind vielseitig und das Schwemmholz an der Küste gibt der Gegend eine markante Zeichnung.Die Wildrosen blühen nur noch vereinzeln, ihre Blütenpracht wird durch die rotglänzenden Früchte abgelöst.

Ich gehe auf dem endlos langen steinigem Sandstrand entlang, die Ebbe hat eine gigantisch grosse Bucht hinter mir freigelegt und ich bestaune die von der See rundgeschliffenen Steine und das ausgeschwemmte Holz. Es liegt blass vor mir in allen möglichen Formen und Formationen. Dazwischen entdecke ich Überreste langvergangener Zeiten. Ich halte Inne, sehe, dass die Holzstücke einer gewissen Form zu entsprechen scheinen. Mir scheint so, als ob die Stücke einem grossen Puzzle entsprängen.

Gehören diese Stücke zusammen? Das vor mir liegende Schwemmholz könnte in ein anderes perfekt hineinpassen. Beide Teile haben Bohrlöcher, welche vom Wasser stark ausgeschwemmt wurden. Zu meinem linken Fuss entdecke ich einen verrosteten Nagel, er ist krumm, glänzt orange in der Nachmittagssonne und misst über 30 Zentimeter. Ob er die beiden Holzteile einmal zusammengehalten hat? Ich versuche die drei Teile zusammen zu führen. Es ist alles etwas lose, aber es passt. Ich suche weitere Holzstücke und setze diese an der Küste zusammen. Ein süsses Säuseln ertönt, ganz fein und leise. Mit jedem Stück Holz, das ich zusammensetzte, wird die Melodie aus der Ferne klarer. Es erinnert mich an ein liebliches Lied.

Die Holzstücke nehmen langsam die Form eines Buges an. Die Melodie, welche ich dachte, spiele nur in meinem Kopf, ertönt immer klarer. Ich kann feine, liebliche Stimmen ausmachen. Es ist ein weit entfernter Chor. Ich baue weiter, das Holz vor mir nimmt die Form eines grossen Schiffes an, zusammengesetzt aus vielen kleinen Einzelteilen. Die See beginnt langsam zu steigen, meine Füsse werden vom Wasser umspült, ich habe die Zeit vergessen. Der Chor wird immer lauter, ich blicke auf und erspähe am Ende der Küste einen gigantischen Felsen, war dieser vorhin schon da?

Darauf räkeln feenhafte Gestalten, ich kann sie nur knapp erkennen. Sie scheinen auf dem Nebel zu tanzen, oder ist es der Nebel selbst, der Gestalt angenommen hat? Nein, ich kann klar den Umriss von Körpern feststellen, liebliche, feine Silhouetten. Je grösser das Schiff vor mir wird, umso lauter und klarer kann ich ihr Gesang vernehmen. Die Musik ziehen mich in den Bann, ich muss näher heran, ich muss sie sehen. Das Meer steigt weiter.

Ich kämpfe mich gegen den Wind Richtung Tafelberg. Der Gesang fesselt mich, meine Gedanken kreisen in der Leere. Ich kann kaum mehr klar denken, meine Sinne sind eingenommen vom betörenden Gesang und von den undefinierbaren Gestalten. Ich vergesse die Welt um mich herum, will dorthin, von wo der Klang kommt. Das Wasser steigt, ich blicke zurück und sehe, wie die Flut mein zusammengefügter Bug umspült. Ich muss mich beeilen, komme jedoch kaum voran. Die See steigt minutenschnell und mit jedem Meter, die sie an Höhe gewinnt und mein Holz umspült, nehme ich den Gesang weniger klar wahr. Ich versuche zu laufen, bin jedoch so stark betört, dass das Rennen kaum möglich ist. Das Meer steigt unaufhörlich weiter, ich kann die Silhouetten nur noch ganz wage ausmachen. Es ist nicht mehr weit. Eine innere Stimme ruft: „Beeile dich!“ Wenn ich durch das Wasser schwimmen würde, wäre ich schneller. Ich springe ins kalte Nass. Ich paddle mit meinen Armen so stark, dass ich die Kälte nicht spüre. Je näher ich dem Felsen komme, umso mehr verschwinden die Gestalten, ich blicke zurück und kann nur noch ganz wenig vom zusammengebauten Schiff erspähen. Ich kämpfe mich gegen die Fluten an. Eine grosse Welle erfasst mich, ich spüre nur noch Wasser um mich herum, ich schlucke Salzwasser und werde von einem Sprudel in die Tiefe gezogen.

Ich erwache am Strand. Die Sonne brennt auf mich. Ich entdecke, dass von meinem Holzpuzzle nichts mehr vorhanden ist, kein Holz, kein Nagel auch die feenhaften Gestalten auf dem Tafelberg sind nicht mehr auszumachen, kein Gesang, keine liebliche Musik. Die Flut hat alles weggeschwemmt, mich aber mit dem Wasser ans Ufer zurück gebracht.

War es der liebliche Gesang der sagenumworbenen Sirenen, dem ich verfallen war? Erlebte ich hautnah, wie es den Seeleuten erging, die durch diese Wasser fuhren und welche dem betörenden Gesang verfielen, so dass sie kopflos ihre Schiffe an den Kliffen zerschellten und untergingen? Und das gefundene Schwemmholz waren Überreste ihrer Boote? Oder war alles nur ein Traum und ich bin lediglich reisemüde am Strand eingeschlafen?

Last but not least, Andrins Driftwood Gechichte:

Im Jahre 200 n.Chr. war, dort wo heute die Bay of Fundy ist, der grösste Wald Amerikas. Rehe huschten hin und her, Bären assen Beeren und hin und wieder rannte ein kleines Mädchen durch denselben.

Eines Tages schlug das Wetter auf einmal blitzartig um. Es regnete und blitzte wie noch nie. Da es nach zwei Tagen immer noch nicht aufgehört hatte zu regnen, beschlossen die Indianer und auch die Tiere abzuziehen. Es stürmte so stark, dass es zu Überschwemmungen kam. Das Wasser stieg und stieg immer weiter, es kam bis zur Gürtellinie hoch. Es war still, ganz still in der Nacht. Nur den Regen hörte man auf das Wasser auftreffen. Als das Wasser bis zur Nachen höhe kam, fielen die ersten Bäume um. Wie die erste Ebbe das Festland erreichte, fiel ein Grossteil des Waldes um und hinterliess ein Brachland. Die Tiere und Menschen kamen nicht mehr zurück. Doch als die Flut wieder kam, nahm es einige Bäume mit.

Heute liegen jene Bäume auf dem Damm der Bay of Fundy.