Fazit Vietnam - 14. März 2010

Vietnam war das dritte südostasiatische Land, das wir besuchten auf unserer Weltumrundung und nachdem wir es verlassen haben, sind wir uns alle einig: Im Vergleich zu den anderen beiden (Thailand und Kambodscha), hat uns Vietnam am wenigsten gefallen. Das liegt wenig an der Schönheit des Landes, denn optisch hat Vietnam einiges zu bieten. Die Halong Bay alleine ist eine Reise wert, der Charme von Hoi An verzaubert jeden Besucher und das geschäftige Leben in Hanoi mit seinen bunten Märkten, Gerüchen und chaotischem Verkehr faszinieren. Kulinarisch stand Vietnam eindeutig hinter Thailand, aber das liegt wohl daran, dass wir scharfes Essen lieben.


Was uns in Vietnam am meisten gestört hat, war die Kultur. Wie der Direktor Khuat Thu Hong vom „Institute for Social Development Studies“ am 10. März in der Viet Nam News geschrieben hatte: „Die Vietnamesen haben eine ‚Me First’-Mentalität, die sich sichtbar im Alltag äussert.“ Das beginnt beim aggressiven Fahrstil, bei der Unfähigkeit Anzustehen und endet bei den zwischenmenschlichen Umgangsformen. Die täglichen Betrügereien, wie wir sie selber kennen lernen durften oder mussten, richten sich nicht nur gegen Touristen, sondern Vietnamesen hauen sich gegenseitig genauso übers Ohr.


Im Vorfeld haben uns schlaue Bücher darauf aufmerksam gemacht, dass man in Asien nicht laut werden darf. Wer schreit und lautstark seinen Unmut äussert, zeigt Schwäche und wird bemitleidet. Diese Theorie hatte ihre vollste Richtigkeit in Thailand und in Kambodscha, in Vietnam hingegen war sie fehl am Platz. Da sahen wir, wie eine lokale Frau sich mit einem Taxifahrer schreiend stritten, zwei Motorradfahrer im Verkehrsgewühl handgreiflich wurden und Eltern auf brutalste Weise ihre Kinder schlugen. Unterstützt wurden unsere Beobachtungen durch die Statistik in der Viet Nam News, durchgeführt vom General Statistics Office 2006, welche aufzeichnete, dass 2/3 der Ehefrauen Gewalt durch ihren Ehemann als angemessen betrachten.


Interessant ist, dass wir in unserer ersten Beurteilung die Vietnamesen als sehr stolzes und überlegenes Volk wahrnahmen. Stolz wohl vor allem, weil sie den Krieg gegen die Amerikaner gewonnen hatten (wenigstens jene im Norden). Wir vermuten aber, dass gerade dieser Krieg der Grund für ihre heutige Kultur ist:


Auf der einen Seite ist die Me-First-Mentalität. Diese liegt gemäss wohl daran, dass es noch nicht lange her ist, dass die Vietnamesen für Essrationen anstehen mussten und es vielfach vorkam, dass die Letzten nichts abbekamen.


Auf der anderen Seite bedeutete der Sieg die Einführung des Kommunismus. Und obwohl die Marktwirtschaft in der Zwischenzeit den Handel florieren lässt, ist die kommunistische Partei allgegenwärtig. Morgens um 7 Uhr und abends um 17 Uhr dröhnen durch die schmalen Gassen die Lautsprecher mit der Parteipropaganda, sie nennen es die ‚Daily News’“. Parteiplakate säumen jede grössere und kleinere Strasse.


Die Polizei und Politik gilt als äusserst korrupt, was wir auch beobachten konnten (siehe Blog ,Dein Freund und Helfer‘ und ,...noch nicht genug‘). Dies erklärt die unfreundliche Kultur aber noch nicht, denn auch in Thailand und Kambodscha gilt die Polizei als korrupt. An der Regierungsform an und für sich, kann es auch nicht liegen, denn andere Länder haben ebenfalls eine Einparteienregierung und in Thailand erwartet man in diesen Tagen politische Ausschreitungen. Aber in Thailand und Kambodscha zwingt die Religion die Leute ehrlicher miteinander umzugehen, denn es gilt im Buddhismus „Wer im jetzigen Leben Schlechtes tut, wird bei seiner Wiedergeburt dafür bestraft“ (oder bei den Christen = er kommt nicht in den Himmel). Ein Augenöffner war, als wir im Borneo.Insider’s.Guide lasen dass 80,8% der Vietnamesen keiner Religionsgruppe angehören. Wohl ein Resultat des Kommunismus. Und so fragen wir nichtreligiöse Braders: „Macht Religion bessere Menschen?“