Ich bin ausgeinselt - 26. Oktober 2009

Was für viele Menschen das Paradies ist, ist für mich persönlich zum Inseltrauma verkommen! Die Hochzeit von Aitutaki liegt definitiv einige Jahre zurück, das bekommen wir täglich zu spüren. Wir wollen ein Fahrrad mieten, in der grossen Vermietstation der Insel hat es zwar vier Räder, aber nur eines läuft ... das nützt uns nichts. Die ausgeschriebenen automatischen Scooter gibt es ebenfalls heute keine mehr zu mieten.



Zu unserem Hotelzimmer gehören ,complimentary‘ Velos und Kajaks... darauf angesprochen (als ich die Hotelfrau mal endlich sehe..), meint sie: „Ja, Fahrräder haben wir, aber sie brauchen alle einen Flick und der ist nicht vorhanden und von den Kajaks ist keines mehr wassertüchtig.“



Dann wollen wir eine Fischtour buchen, gehen zum Bootheini, der gross Werbung macht. Treffen den Mann an, fragen ihn und er meint: „Kann keine Buchung entgegennehme, der zweite Besitzer ist in Neuseeland.“ Wir gehen leicht frustriert zum Inselfischer (dem, der der Fischerladen gehört). Dort hören wir: „Tut uns leid, der Motor macht nicht mehr wirklich mit, um Touristen mitzunehmen.“



Wir beschliessen, einen Tauchkurs zu machen. Gehen zur ersten Tauchschule. Der Tauchlehrer sagt uns: „No go, sorry, ich mache keine Anfängerkurse mehr, hat sich für mich nicht gelohnt.“



Wir finden eine andere Tauchschule, die Anfängerkurse anbietet. Mit der Bedingung, dass wir diesen aber tagsüber unternehmen möchten, nicht abends, schliessen wir die Buchung ab. Sei kein Problem. Nach der ersten Sitzung (welche ausnahmsweise abends vermittelt wurde....), machen wir für den nächsten Morgen um 10 Uhr ab. Um 8 Uhr steht der Tauchkumpel vor der Hoteltüre. „Tut mir echt sorry, ist mir etwas Anderes dazwischengekommen (ich gehe Fischen mit meinen Kumpel), kann heute nicht, wir treffen uns dann dafür am Sonnabend.“ Und weg ist er... Auf der Karte stand, dass er einen Abholservice anbiete, darauf angesprochen meint er: „Nein, der ist momentan nicht verfügbar, das Auto braucht diese Woche meine Frau.“



Wir treten in ein verlaustes, armseliges Geschäft, echt trist der Anblick. Der Verkäufer bietet Bücher an, welche von den Touristen liegen gelassen wurden. Es gibt auch Postkarten, welche so verblasst sind, dass man kaum mehr eine Palme darauf ausmachen kann. Angepriesen werden diese für $ 0.25... die, die ein Bild zeigen sind mit $ 1.50 taxiert. Roman besichtigt die Postkarten und meint: „Bei der Post gibt es schönere für einen Dollar.“ Was Roman nicht weiss, ist, dass der Herr des Ladens ein Berner ist, vor 42 Jahren auf diese Insel ausgewandert... er versteht jedes Wort und ist zutiefst beleidigt, schaut Roman von oben herab an, sein Blick sagt: „Du blöder verwöhnter Saubengel.“ Sagt tut er: „... dann geh doch die Karten dort kaufen.“



In den Restaurants gibt es nur Fisch aus der Fritteuse, wenn die Beiz überhaupt offen ist. Wir sind schon zweimal vor einem leeren Gartensitzplatz gestanden. Ach ja, und die Touri-Info ist seit unserer Ankunft geschlossen: Zu infolge Medieinbesuch.



Früher, früher war wohl alles besser... damals, als man von USA nach Neuseeland oder Australien einen Zwischenstopp in Ozeanien einlegen musste. Heute aber, mit den neuen Flugvögeln kann die Distanz direkt geflogen werden und die Touristenscharen haben massiv abgenommen. Anstelle aber mit etwas Elan und Frische die Insel aufzupeppen, sitzen die Cook Islander von ihren Subventionen vollgefressen, vor ihren Häusern und machen nichts, wirklich nichts. Sorry, nicht ganz richtig... sie demonstrieren, von der Kirche aufgehetzt gegen Sonntagsflüge, welche angeblich aus Teufelsküche geflogen werden und zum Kapitalismus verleiten, anstelle sich der inneren Werte am Sonntag zu besinnen und nichts zu tun (was sie ja eh die ganze Woche über schon machen, wir verstehen den Unterschied nicht).



Die Touristen, die noch kommen (inklusive derer am Sonntag), sind bald einmal ausgemacht: Die Schottin mit ihrer Tochter, welche ein JUS Studium in NZ absolviert hat und die Mutter die Tochter besuchen ging für einen Monat; die Frau aus Oregon, welche regelmässig die Südsee besucht, aber auch sonst sehr viel reist; das Kiwipaar, welche mit der Schwester der Frau zusammen regelmässig hier Ferien machen und die mehr als einen gelegentlichen Drink runter schlürfen und sämtliches Essen aus Neuseeland mitbrachten; die Familie mit den beiden blonden Kindern, die unaufhörlich auf ihren Vespas die Strasse hoch und runter touren (auf der Suche nach einem offenen Restaurant?) ... wir kennen sie unterdessen alle... ach ja, dann sind da noch jene auf ihrer Hochzeitsreise. Sie sitzen in perfekten Hotelanlagen, in Zimmern, welche $ 1‘000 pro Nacht verschlingen (ohne Nachtessen!), geniessen die Einsamkeit und haben wohl genug Dinge miteinander zu machen, als dass sie nicht wirklich vom Tourismusangebot abhängig sind. Da wir nicht wirklich zu letzterer Gruppe gehören, bleibt uns nichts Weiteres übrig, als Bücher zu lesen!



Nochmals eine Woche verweilen wir im Paradies... das Konzept der Engländer, eine Insel auf der Südhalbkugel als Gefängnis zu nutzniessen, beginnt plötzlich Sinn zu machen.