In guter Gesellschaft - 28. April 2010

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Nach unserem Indienabbruch dachte ich, wir wären wohl reisemüde und gesättigt und hätten den Reisekäfer besiegt. So buchten wir eine Flug nach Oman (da die Auswahl an spannenden und vorallem sicheren Destinationen aus Mumbai eher mager war) und, da wir von Oman nicht viel erwarteten, einen Weiterflug nach Cairo eine Woche später. Das Ende unserer Reise war somit absehbar und es kam sogar schon eine leichte Vorfreude auf daheim auf.


Wir buchten ein Ferienhaus in Muscat für eine Woche und wollten Kurztouren von da aus unternehmen. Die ersten kleinen Entdeckungsreisen absolviert, wuchs das Verlangen, mehr über dieses Land und Leute zu erfahren. Wir beschlossen nach drei Tagen Muscat, die Wohnung zu verlassen, ein Auto zu mieten und auf eigene Faust loszuziehen.


Die Landschaften, die wir entdeckten, sind von einer unbeschreiblichen Schönheit. Durch den Regen der letzten Tage ist die Steppe von einem frischen Grün überzogen, der Himmel strahlt in hellem Blau. Kamele grasen überall.


Reto kam mit der Idee: „Lasst uns unsere Flüge umbuchen, ich will hier länger bleiben!“ Auf einem Reisebüro half man uns und ohne jegliche Probleme wurden die Flüge verschoben. Als wir den Service bezahlen wollten, lachte der Mann und meinte: „Lasst gut sein, das machte ich doch gerne für euch. Geniesst Oman!“


Und so reisen wir jetzt wieder einmal durch ein Land, wohin der Wind uns weht. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, denn Individualtourismus gibt es in Oman noch nicht. Geführte Individualreisen ja, aber Rucksacktouristen, die sind eine Seltenheit. So stellt sich das Auffinden einer Übernachtungsmöglichkeit als nicht allzu einfaches Unterfangen heraus, denn es fehlt an Hotel und die paar, die es hat, sind Fünfsterne und kosten ein Vielfaches unseres Budgets.


Doch Land und Leute sind überwältigend. Überall werden wir mit offenen Armen empfangen. Während einer Burgbesichtigung kam mir ein Omani winkend entgegen, begrüsste uns herzlich und erklärte: „Ich bin der Archäologe vom Sultan, wegen der starken Regenfälle der letzten Tage muss ich überprüfen, wie es dem frisch renovierten Sunaysilah Castle geht. Kommt mit, ich gebe euch eine Führung durch das Gebäude.“


Er erklärt uns alles, die Objekte der Beduinen, die Tänze, die Dolche. Zu letzteren meint er: „Im Jemen haben die fast die gleichen Dolche - nur deren sind nicht aus Silber .... die haben eben kein Öl!“ Er erklärt uns, wie der Sultan und sein Volk in vierzig Jahren von einem Beduinenstaat zu einem der reichsten Nationen gekommen ist, wie der Sultan für sein Volk schaut, wie ein Omani ein Haus zu bauen hat (er spart Geld für den Bau eines Eigenheimes, der Sultan verdoppelt den Betrag und schenkt dem Omani eine Parzelle). Als Chefarchäologe dürfe er sich einmal im Jahr ein neues Auto aussuchen, er sehe aber nicht ganz ein, warum er jedes Jahr ein neues Auto brauche...


Später besuchen wir eine Oase in einem steilen Tal - Wadi genannt. Die Sonne brennt auf unsere Haut. Ein Omani entdeckt uns und meint: „Ihr braucht Wasser, kommt mit.“ Wir erklären, dass wir genügend selber dabei hätten, auf das er lache und sage: „Ihr besucht mein Land, somit behandle ich euch wie einen Freund.“ Die Gastfreundschaft, die Herzlichkeit, die wir hier antreffen ist ein Wahnsinn. Die Schönheit der Natur rührt uns zu Tränen. So viel haben wir in den letzten Monaten gesehen und erlebt, dass all das noch übertroffen werden könnte, hätten wir nie gedacht und doch: Nach knapp zehn Monaten Reisen haben wir noch einmal ein Paradies gefunden!