Tauchen at Gunpoint - 24. März 2010

Als eines der besten Tauchmekkas gilt ,Sipadan Island‘ in Malaysia, wo wir uns momentan aufhalten. Da wir alle vier unterdessen Tauchfans sind, würde uns eigentlich nichts mehr im Wege stehen, dieses Unterwasserparadies zu erforschen, wäre da nicht das EDA, welches von einem Besuch dieser Insel abrät. Das wiederum bringt uns in ein dummes Dilemma. Wir hören uns lokal um und entschliessen, einen Tauchtag zu wagen, aber nicht auf einer der Inseln zu übernachten. Auf dem Festland in Semporna scheint uns ein Überfall der Philippinischen Piraten als sehr unwahrscheinlich und so buchen wir den Ausflug.


Mit etwas Verhandlungsgeschick ergattern wir die letzten vier Lizenzen, die man benötigt, um auf Sipadan tauchen zu dürfen. Die kleine Insel liegt in der Sulawesi Sea (Celebes See), ist mit Kokospalmen bedeckt und wird von einem weissen Sandstrand gesäumt. Das Spezielle an diesem Eiland ist, dass der Boden nach zirka zehn Meter 600 Meter steil abfällt in die Tiefe des Ozeans.


Der erste Tauchgang absolvieren wir im Barracuda Point und wie wir ein paar Meter abtauchen, bildet sich über uns eine mächtige Wand aus Hunderten dieser Räuber. Ein wundervolles Naturspektakel, die silbernen Körper der Fische glitzern im klaren Wasser wie ein Sternenhimmel und wir vergessen beinahe zu atmen. Aus der Tiefe taucht plötzlich ein Hai auf - unser erster, dem wir beim Tauchen begegnen. Ich hatte mir bisher immer vorgestellt, wie es wohl sein würde, wenn ich einen solchen Fisch vor mir live sehen würde. Zu meiner Überraschung bleibe ich ganz ruhig, der Hai bewegt sich mit einer solchen Ruhe durchs Wasser, dass ich überhaupt keine Angst verspüre, sondern nur Faszination für dieses wundervolle Tier empfinde.


Beim zweiten Tauchgang lassen wir uns der senkrecht abfallenden Wand entlang treiben von der Strömung. Zwischen all den Millionen Fischen, welche in allen Farben und Formen daher geschwommen kommen, entdecken wir zwischen den Korallen richtige Höhlen. Darin liegen halb schlafende Riesenschildkröten. Eine scheint Luft holen zu müssen und schwimmt mit ein paar eleganten Flossenschlägen einen Meter vor mir durch, um an die Oberfläche zu gelangen. Welch majestätischer Anblick! Ihre Augen, ihr Kopf, die Färbung des Panzers, alles an ihr ist einmalig.


Es ist Zeit, das Mittagessen auf der Insel einzunehmen. Wir sitzen am Tisch und essen ein halbwegs geniessbares Essen, da schweift mein Blick nach rechts. Dort hocken drei Männer in einer offenen Holzhütte. Ich erblicke etwas, das mein Innerstes erschreckt und ich schau noch einmal hin. Ich kann nicht glauben, was ich soeben gesehen habe und bitte, Reto doch einen Blick zu den drei Männern zu richten und sein erschrockener Blick bestätigt, dass ich richtig gesehen hatte. Da steht ein geladenes Maschinengewehr, installiert auf einem Ständer und ausgerüstet mit einem Munitionsgürtel, schussbereit, fünf Meter neben mir! Erst beim genaueren Betrachten des ganzen Bildes stelle ich fest, dass wir vom Militär hoch bewacht werden. Das Gefährliche hier sind wirklich nicht die Haie, sondern die philippinischen Rebellen, die Touristen verschleppen möchten.


Wir geniessen den dritten Tauchgang im Korallengarten in vollen Zügen und vergessen schon wieder die Gefahr, die über Wasser auf uns lauern könnte.


Es ist schon traurig, dass in einem Gebiet, wo es nur so wimmelt von Vogelspinnen, Skorpionen, Giftschlangen und Haien, es schlussendlich Menschen sind, vor denen man sich am meisten fürchten muss.